March 1 – April 19, 2014
Salon Dahlmann, Berlin
What This Does
Der Salon Dahlmann freut sich, eine Ausstellung mit Arbeiten von Henning Strassburger zu präsentieren. Mit großformatigen Leinwandbildern führt der in Berlin lebende, 1983 in Meißen geborene Künstler nicht nur seine aktuelle Malerei vor, sondern präsentiert neben dem Videoraum#sources einen sogenannten #material-Raum, der Aspekte objekthafter, medialer und weltanschaulicher Zusammenhänge verdeutlicht.
Strassburgers Arbeiten entstehen als eine Art Drahtseilakt aus dem Spannungsverhältnis zwischen Fragen zur aktuellen Handhabung von Bild und Abbild im Zeitalter elektronischer Medien. Auf lakonische, aber zugleich insistierende Weise reflektiert der Künstler die Bild-Phantasmen einer kulinarisch zugespitzten Morphing-Kultur. Diese Kultur spuckt stets neue Fata Morganas aus und lässt grelle, künstliche Paradise aufscheinen, die sich nicht selten als leere Artefakte einer Konsumindustrie entpuppen. An diesem Punkt interagieren Strassburgers Bilder als leidenschaftliche Bekenntnisse für eine zeitgemäße Form der Malerei.
Der #material-Raum verdeutlicht Strassburgers These, dass Malerei heute nicht zwangsläufig durch Malerei verkörpert oder behandelt werden muss. Belegt wird diese These durch eine giftgrüne Perücke aus synthetischen Fasern, die vor dem Malerei-Hintergrund als eine Verdichtung von Strichen, als Substrat eines Pinsel-Flechtwerks wahrgenommen werden kann. Der Künstler verweist auch auf synthetische Linien, die er in der Form von Kunststoffbändern in seine Bilder eingebracht hat, wo sie ´konventionellen´ malerischen Handlungen gleichberechtigt zur Seite stehen.
Der #material-Raum´ zeigt ebenso, dass eine aktuelle Malerei zwar als solche existiert, jedoch nicht von den sie umgebenen Bildwelten zu trennen ist. Dass das heutige elektronische und mediale Bild uns mal als Momentaufnahme und mal als Bewegung entgegentritt, verdeutlichen die beiden Filme von Strassburger. Sie provozieren mit der Verklammerung von Bewegungsabläufen und statischen Momenten, sowie mit vorgeführten mechanischen Handlungen (Haare kämmen) eine Auseinandersetzung mit dem, was künstlerische Arbeit ist.
Zur Frage, was Malerei (heute) ist oder sein kann, gehört nicht nur die Beschäftigung mit ihren materiellen Gegebenheiten, sondern ebenso die überlieferten künstlerischen Haltungen. Strassburger führt ein Kaleidoskop dieser Haltungen mit seinen auf transparente Banner gedruckten Hotel Paintings vor, die u.a. den Künstler als Dandy, als nonchalanten oder sportiven Ästheten und als hedonistischen Berserker inszenieren, der im Hotel vor fremden Bildern nur noch die Pose des Malers einnimmt.
Strassburgers Malerei gründet sich auf der Haltung einer jähen Zurückweisung. Der Künstler entwickelte einen reduktiven ´Realismus´, der Opulenz, räumliche Tiefe und Pathos-Formeln verneint. Seine Bilder bekennen sich zur Fläche und sind weitgehend frei von Figurationen oder assoziierbaren Gegenständen, von vertrauten Sphären und Stimmungen. Zurückgenommen ist auch das Farbspektrum, das Strassburger verwendet – das industrielle, aus der Drucktechnik stammende CMYK-Spektrum: ein subtraktiver Farbmodus aus unorganischen, grellen und ´kalten´ Farbtönen: Cyan-Blau, Magenta, Gelb und Schwarz.
Mit What this does stellt der Künstler in Anlehnung an einen Cartoon von Ad Reinhardt die bereits zu einer Aussage transformierte Frage, welche Wirkung seine Malerei angesichts unserer digitalen Bild-Kultur haben kann – wohl wissend, dass ebenso das in Handarbeit entstandene Werk sein betrachtendes Gegenüber in seiner Existenz befragen und herausfordern kann.
Thomas Groetz